Wenn wir unter starkem Stress stehen, leidet nicht nur die Seele, sondern auch der Körper kann krank werden. Was viele dabei aber nicht wissen ist, dass der Stress nur zu einem Teil von den äußeren Faktoren abhängig ist, und wir uns einen sehr großen Teil vom Stress selbst machen. Erfahren Sie hier mehr über die inneren Stressoren und was wir dagegen tun können.
Stress ist schlecht – oder etwa nicht?
Die ganze Welt klagt über Stress. Ich glaube, es ist heutzutage fast schon Mode geworden, Stress zu haben und darunter zu leiden. Doch was ist Stress eigentlich?
Ganz vereinfacht gesagt ist Stress ein Zustand von erhöhter Belastung. Der Körper schüttet Stresshormone (Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin aus), um uns in die Lage zu bringen, eine schwierige Situation zu bewältigen. Der Körper wird besser durchblutet, so dass wir nicht nur stärker kämpfen und schneller flüchten, sondern auch besser denken können.
Stress ist also nicht nur schlecht. Er ermöglicht uns, kurzzeitig Höchstleistungen zu bringen. Es ist also zum Beispiel gut, dass wir vor einer Prüfung oder einem Wettkampf gestresst sind, denn ansonsten wären wir wie ein Luftballon ohne Luft. Schlapp und zu kaum etwas in der Lage.
Aber auch beim Stress gilt: Die Dosis macht das Gift.
Wenn wir zu viel Stress haben, ist es vorbei mit der Konzentration. Das Blickfeld engt sich ein, wir sehen nur noch das unmittelbare Problem. Wir sind also nicht mehr in der Lage, gute und weitreichende Entscheidungen zu treffen, sondern reagieren gerne mal kopflos wie ein aufgescheuchtes Huhn, das ziellos irgendwohin rennt.
Außerdem sind wir bei zu starkem Stress nicht mehr empathiefähig, das heißt wir können uns weniger in andere Menschen hineindenken und auch das führt dazu, dass wir dann schnell falsche Entscheidungen treffen oder in einen Konflikt geraten. Das macht dann natürlich noch zusätzlichen Stress.
Stress ist auch dann schädlich, wenn er zu lange dauert. Daher ist es so wichtig, dass wir nach stressigen Zeiten immer wieder Erholungsphasen haben. Wenn das nicht der Fall ist und der Stresspegel nicht sinken kann (wir sprechen dann von chronischem Stress), können wir krank werden.
Chronischer Stress kann uns sehr schaden
Ich nenne hier nur einige Folgen, die ein langanhaltender Stress auf unsere Gesundheit hat.
- die Immunabwehr ist beeinträchtigt, wir bekommen viel häufiger Infekte
- der Blutdruck steigt und somit das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen
- die Muskelspannung ist erhöht, wir haben viel häufiger Kopfschmerzen
- die Verdauung wird beeinträchtigt, die Wahrscheinlichkeit, ein Magengeschwür zu entwickeln, steigt
- es kann ein Tinnitus oder ein Hörsturz auftreten
- zudem ist die Gefahr hoch, dass sich eine psychische Erkrankung, zum Beispiel eine Depression, eine Angststörung oder eine somatoforme Störung entwickelt
Daher ist es so wichtig, mit Stresssituationen gut umgehen zu können, um nicht krank zu werden. Doch zuerst sollten wir wissen, was genau uns da Stress macht und vor allem wie wir selbst uns Stress machen.
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Wie entsteht Stress?
Auf die biochemischen Vorgänge im Körper möchte ich hier nicht eingehen, schließlich werden die wenigsten Leser dieses Artikels Medizin studieren wollen. Viel wichtiger finde ich es, die Auslöser für Stress genauer anzuschauen.
Wenn Sie aufmerksam für Ihre Umgebung sind, dann haben Sie vielleicht schon bemerkt, dass nicht alle Menschen gleich auf bestimmte Situationen reagieren. Während die einen bei einem verpassten Zug nahezu in Panik geraten und sich die schlimmsten Konsequenzen ausmalen, reagieren die anderen gelassen und warten einfach auf den nächsten Zug. Die einen sind also gestresst, die anderen nicht.
An diesem Beispiel zeigt sich, dass Stress nur bedingt mit einer Situation zu tun hat. Natürlich würden wir ohne den verpassten Zug nicht in Stress geraten. Er ist also der Auslöser der Stressreaktion. Aber was wir aus der Situation machen, ob sie uns Stress bereitet oder nicht, das ist sehr individuell und nicht bei jedem gleich.
Wir unterscheiden daher zwischen äußeren Stressoren (unsere Umgebungsbedingungen) und inneren Stressoren (unsere Gedanken und Erwartungen).
Die äußeren Stressoren
Extremfälle wie zum Beispiel ein Unfall oder der Tod eines lieben Menschen sind klare Faktoren, die bei fast allen zu einer Stressreaktion führen.
Aber auch Umgebungsfaktoren, die fast schon alltäglich sind, können uns ganz schön zusetzen. Hier eine Auswahl:
- chronischer Lärm (leider sind wir schon so daran gewöhnt, dass er uns kaum mehr auffällt, aber er wirkt sich auf unseren Körper negativ aus)
- Zeiten, in denen wir uns ausgebremst fühlen, z.B. Staus oder Wartezeiten
- Überforderungssituationen (zu viele oder zu schwierige Aufgaben in zu kurzer Zeit)
- Extreme Hitze oder Kälte
- zu wenig Schlaf
- Schmerzen
- eine bedrohliche Situation (zum Beispiel Verdacht auf eine schwere Krankheit, Schulden, ein Konflikt mit einem sehr wichtigen Menschen)
Viele Menschen erleben Stress auf der Arbeit. Gerade im beruflichen Alltag kommen oft mehrere äußere Stressfaktoren zusammen: Pendelzeiten mit Stau, Lärm im Großraumbüro, eine Vielzahl von Aufgaben, die man kaum zu bewältigen weiß, die Angst vor einem drohenden Arbeitsplatzverlust, immer mehr Stellenabbau und Umverteilung der Arbeit, oft einhergehend mit Überstunden und dadurch weniger Zeit für Regeneration und Schlaf.
Eigentlich schon schlimm genug, was wir da jeden Tag bewältigen müssen. Was aber jetzt noch dazu kommt, sind unsere inneren Stressoren. Denn unser Kopf hat einen ganz wesentlichen Anteil daran, ob aus einer bestimmten Situation Stress entsteht oder nicht.
Die inneren Stressoren
Wir alle haben in uns einen oder mehrere kleine Antreiber. Diese helfen uns, dass wir Dinge sorgfältig erledigen und im Alltag zurecht kommen. Leider aber sorgen sie auch dafür, dass wir uns selbst Stress machen.
Diese Antreiber gibt es oft schon sehr lange in uns. Meist stammen sie aus der Kindheit. Wir haben dabei Erwartungen von außen übernommen und bestimmte Sätze verinnerlicht und versuchen nun, diese Erwartungen immer noch zu erfüllen. Dummerweise machen sie uns mehr Druck als eigentlich hilfreich wäre.
Mit diesen 5 Antreiber-Sätze machen wir uns am meisten Stress
- „Sei perfekt!“
- „Sei stark!“
- „Beeil dich!“
- „Mach es allen Recht!“
- „Streng dich an!“
Ich bin mir sicher, Sie kennen den ein oder anderen Satz bereits und machen sich damit selbst Stress. Daher gehe ich nun auf jeden einzelnen dieser Antreiber-Sätze näher ein.
Sei perfekt:
Wer einen Perfektionisten als Antreiber in sich hat, erlaubt sich keine Fehler. Er hat von sich selbst den Anspruch, alles richtig zu machen. Fehler sind ihm furchtbar peinlich und er will diese auf jeden Fall vermeiden.
Wenn wir den „Sei perfekt“-Satz verinnerlicht haben, haben wir enormes Potential, uns selbst Stress zu machen. Denn in unserer hochkomplexen Welt ist es schier unmöglich, keine Fehler zu machen. Also kämpfen wir immer gegen Windmühlen, rackern uns ab, erreichen unser Ziel aber nie.
Sei stark:
Ein Mensch mit diesem inneren Anspruch möchte keinem seine Verletzlichkeit zeigen. Er jammert nicht, versucht, alles irgendwie zu wuppen. Um Hilfe würde er nie fragen, denn das könnte ein Zeichen von Schwäche sein.
Wenn wir dem „Sei stark“-Antreiber folgen, neigen wir dazu, uns körperlich und psychisch zu überforden. Weil wir ja denken, stark sein zu müssen. Und da wir uns eher die Zunge abbeißen würden, anstatt zu jammen, merkt auch keiner, dass wir schon zu viel zu tun haben. Dann bekommen wir noch mehr Arbeit obendrauf und feuern uns mit zusammengebissenen Zähnen an „Sei stark! Halte durch!“
Beeil dich:
Zeit ist Geld. Das hat jemand mit dem „Beeil dich“-Antreiber verinnerlicht. Es bringt ihn vor allem unter Druck, wenn Dinge sich verzögern, Kollegen auf sich warten lassen oder Sitzungen viel zu lange dauern und dabei auch noch unproduktiv verlaufen.
Wenn wir zu den „Beeil dich“-Menschen gehören, machen wir uns mit dem Anspruch, möglichst schnell zu sein, ganz schön selbst Stress. Wir hetzen ständig durchs Leben, versuchen immer mehr zu optimieren und gönnen uns kaum Atempausen. Da aber unsere Welt so schnell rast, dreht sich das Hamsterrad nur noch schneller, je mehr wir uns beeilen. Ganz schön stressig!
Mach‘s allen Recht:
Auch das ist ein Anspruch, der nicht zu bewältigen ist. Es gibt Milliarden von Menschen auf der Welt mit unterschiedlichsten Wünschen und Ansprüchen. Es ist unmöglich, es allen recht zu machen.
Wenn wir dem „Mach es allen Recht“-Antreiber folgen, versuchen wir es aber dennoch. Wir bemühen uns, alle Aufgaben zur größtmöglichen Zufriedenheit zu erledigen, bei jedem beliebt zu sein und niemanden zu enttäuschen. Immer wieder überlegen wir uns, was die anderen denken über uns denken könnten, ob sie mit uns zufrieden sind, oder ob wir nicht doch noch mehr tun sollten. Und damit überfordern wir uns natürlich total. Außerdem fällt es uns dann besonders schwer, „Nein“ zu sagen. Als Konsequenz haben wir viel zu viel zu tun, denn wir bekommen immer wieder neue Aufträge, die wir nicht ablehnen können.
Streng dich an:
Für den „Streng dich an“-Antreiber zählt nur die Leistung. Die noch so größte Herausforderung zieht ihn magisch an. Menschen, die es sich leicht machen, sind in seinen Augen Weicheier.
Wenn wir diesem Antreiber folgen, so werden wir immer unzufriedener. Schließlich sehen wir ja, wie schwer wir es haben (und uns selbst machen). Daher hoffen wir insgeheim, dass unsere Anstrengungen endlich einmal gewürdigt werden und wir entsprechend Anerkennung und Lob bekommen. Dummerweise aber ist es – gemessen an unserem Einsatz- nie genug. Und das frustriert.
Vermutlich erkennen Sie sich in einem der inneren Antreiber ansatzweise wieder. Da wir alle verschiedene Antreiber haben, ist es logisch, dass manche Situationen den einen in größte Not bringen, während der andere ganz gelassen damit umgehen kann. Wenn wir also aufhören, uns mit Hilfe dieser inneren Antreiber selbst Stress zu machen, haben wir unseren Stresslevel schon um einiges verringert.
Und da liegt unsere Chance: Denn wenn wir gut leben wollen, brauchen wir Methoden, wie wir mit dem Stress umgehen können. Je mehr unterschiedliche Ansatzpunkte wir im Kampf gegen den Stress haben, desto besser.
Und das können wir dagegen tun
Anti-Stress-Tipp Nr. 1: äußere Stressfaktoren reduzieren
Manche Dinge lassen sich nur wenig beeinflussen. Der Chef zum Beispiel ist, wie er ist, und den Lärm eines Großraumbüros können Sie auch nicht unbedingt verändern. Aber es geht doch viel mehr, als Sie vielleicht dachten.
Hier nur zwei Ideen dazu:
Arbeitsflut: Versuchen Sie, zu delegieren. Lernen Sie, „Nein“ zu sagen. Gerade wenn Ihr innerer Antreiber „Mach es allen Recht“ sagt, ist das schwierig, aber Sie können das lernen. Sprechen Sie mit Ihrem Chef, welche Arbeit Priorität hat und welche auch einmal liegen bleiben kann. Sorgen Sie auch in Ihrem Privatleben dafür, dass Sie sich nicht mehr aufhalsen, als Ihnen gut tut.
Wartezeiten: Versuchen Sie die Hauptstauzeiten zu umfahren. Falls das nicht möglich ist, so planen Sie entsprechend Zeit ein und lenken sich in Wartezeiten mit anderen Dingen, zum Beispiel einem Hörbuch ab. Gerade wenn Sie einen „Beeil dich“-Antreiber haben, werden solche „Leerzeiten“ Ihnen ziemlich Stress machen, aber wenn Sie sie entsprechend einplanen und nutzen, können Sie den Stress, der dadurch entsteht, verringern
Fragen Sie sich bei äußeren Stressfaktoren also immer: „Muss ich es so hinnehmen, oder kann ich etwas dagegen tun?“
Nicht alles lässt sich verändern, aber insgesamt ist oft mehr möglich, als Sie jetzt vielleicht glauben.
Anti-Stress-Tipp Nr. 2: nicht noch zusätzlich selbst Stress machen
Je besser Sie Ihren inneren Antreiber kennen, desto besser können Sie auch mit ihm umgehen. Denn Sie müssen Ihrem Antreiber nicht folgen. Meist beruhen diese inneren Ansprüche auf Erziehung und Erfahrungen aus der Kindheit. Und nicht immer sind diese richtig.
Indem Sie sich bewusst machen, dass Sie sich mal wieder aufgrund Ihrer alten Antreiber selbst Stress machen, können Sie sich innerlich davon distanzieren. Sagen Sie sich „Ach, da ist er wieder, mein alter Antreiber, und will mich unter Druck setzen. Aber eigentlich muss ich mir diesen Stress ja gar nicht machen.“ Dadurch erhalten Sie etwas Abstand und können überlegen, ob es sinnvoll ist, sich jetzt auch noch Druck zu machen.
In meinem 5-teiligen Kurs „Stopp den Kritiker in dir“ zeige ich Ihnen, wie Sie sich von diesen negativen inneren Sätzen lösen können und dadurch immun werden gegen die inneren Antreiber. Mit diesen Techniken aus der Verhaltenstherapie haben die inneren Antreiber keine Chance mehr!
Anti-Stress-Tipp Nr. 3: Erholungspausen einbauen
Stresszeiten wird es immer geben und sie gehören zum ganz normalen Leben dazu. Wichtig ist aber, dass Sie sich anschließend eine ausreichend lange Erholungspause gönnen, um den Stresslevel wieder zu senken.
Nutzen Sie Ihre Freizeit gut: Gehen Sie spazieren, suchen Sie Ruhe oder unternehmen Sie etwas Schönes mit Freunden. Oft ist es gut, das Gegenteil von dem zu tun, was Sie in Ihrer stressigen Zeit getan haben.
Hatten Sie zum Beispiel eine Woche, in der Sie viel am Schreibtisch sitzen und konzentriert denken mussten, so ist als Ausgleich körperliche Betätigung mit wenig Denkaufwand super. Haben Sie umgekehrt viel körperlich arbeiten müssen, so wäre ein Wellnesstag in der Therme als Ausgleich gut. Nach langem Arbeiten unter Zeitdruck könnten Sie durch Wandern oder Meditieren wieder entschleunigen. Testen Sie einfach, was Ihnen gut tut.
Viele machen den Fehler, dass sie bei Zeitknappheit als erstes die Erholungszeiten kürzen, um länger arbeiten zu können. Tun Sie das nicht! Denn das ist so, wie wenn Sie aufs Tanken verzichten, um schneller am Ziel anzukommen. Langfristig geht das schief und Ihr Saboteur sorgt dann dafür, dass Sie gar nicht mehr vorankommen.
Egal also wie stressig Ihr Leben ist: Nehmen Sie sich genug Zeit für sich und für Ihre Erholung. Und hören Sie auf, sich zusätzlich noch Stress zu machen durch überhöhte Ansprüche an sich selbst.
Dann werden Sie auch stressige Zeiten gut bewältigen.
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Sag deinen Selbstzweifeln goodbye