Ich kann mich noch gut an diesen Moment erinnern. Es war der 29.03.2019, mein letzter Arbeitstag an der Uniklinik Tübingen. Ich hatte einen wunderbaren Tag verbracht, viele besondere Momente mit meinen (bald Ex-)Kolleginnen verbracht, mich von meinen Patienten verabschiedet und das ein oder andere Tränchen der Rührung vergossen.
Nun war ich ganz allein in der Tagesklinik. Weil ich noch in Ruhe alles zu Ende bringen wollte, waren die Patienten und auch die Kollegen schon vor mir gegangen. Ich hatte vereinbart, dass ich meinen Schlüssel im Stations-Stützpunkt zurücklassen und die Tür hinter mir zuziehen würde.
In dem Moment als ich zur Türklinke griff, durchfuhr mich ein Gedanke:
“Wenn du jetzt die Tür zumachst, wirst du sie von allein nicht wieder aufmachen können.”
Ich hielt inne, eine Menge an Gedanken und Gefühlen durchströmte mich. “Jetzt gleich ist es wirklich vorbei.” “Es war einfach schön!” “Ist es die richtige Entscheidung, jetzt zu gehen?”
Ja! Da war ich mir sehr sicher: es war die richtige Entscheidung. Ich hatte in den fast 10 Jahren in der Psychosomatik sehr viel gelernt. Habe viele besondere Menschen kennengelernt, bin an mir und meinen Aufgaben gewachsen. Ich habe gelacht, gestöhnt, manchmal auch hemmungslos vor mich hingeschimpft und ab und zu mal gejammert. Insgesamt war es eine besondere und wertvolle Zeit, auf die ich mit Dankbarkeit und Wertschätzung zurückblicken konnte.
Doch auf mich wartete ein neues Abenteuer. Ein neuer Weg. Neue Möglichkeiten, zu wachsen und zu lernen. Ein ganz besonderer Traum, der nun wahr werden durfte.
“Wenn ich diese Tür zumache, ist sie zu. Und gleichzeitig geht in meinem Leben eine ganz neue auf.”
Ich spürte, wie wahr dieser Gedanke war. Wie sehr mein neues Leben nur darauf wartete, loszulegen und mich zu überraschen. Doch ich musste erst das Alte abschließen, um frei zu sein für das Neue.
Ganz langsam, behutsam und mir der Bedeutung dieses Augenblicks bewusst, zog ich die Tür von außen zu.
Dieser Moment ist nun schon Jahre her und mir immer noch sehr stark in Erinnerung. Ich habe oft und dankbar an meine Klinikzeit zurückgedacht. Aber ich habe es nie bereut, die Tür geschlossen zu haben.
Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen auch. Lassen Sie Altes los, das Sie auf Ihrem Weg zu sich selbst noch zurückhält, und auch Sie werden feststellen, dass dann etwas ganz Neues beginnen kann.
Wir alle werden immer wieder damit konfrontiert, dass Lebensabschnitte zu Ende gehen, Menschen uns verlassen und Träume plötzlich aufgegeben werden müssen.
Wenn wir versuchen, an etwas festzuhalten, das nicht mehr zu uns passt, laufen wir Gefahr, in unserer Entwicklung und manchmal sogar in altem Schmerz zu verharren.
Wenn wir nicht loslassen haben wir ja gar keine Hand – und erst recht nicht den Kopf – frei, um etwas Neues zu ergreifen.
Daher ist es so wichtig, dass wir immer wieder bewusst von Dingen, Menschen, Ereignissen Abschied nehmen.
Mir hilft dabei eine Mischung aus Dankbarkeit und Vorfreude.
Ich rufe mir bewusst die schönen Momente in Erinnerung, würdige sie noch einmal und verankere sie fest in meinem Gedächtnis, damit ich sie nicht vergesse. Sie sind Teil meiner Lebensgeschichte und haben dazu beigetragen, dass ich die Person geworden bin, die Sie nun vor sich haben.
Und gleichzeitig lasse ich in mir ganz langsam Vorfreude wachsen: Vorfreude auf das, was nun kommen wird, wenn das Alte abgeschlossen ist. Neue Menschen, die ich nun kennenlernen werde, neue Erlebnisse, an denen ich wachsen werde, und neue Augenblicke, die nur darauf warten, von mir gelebt zu werden.
Dankbarkeit und Vorfreude – diese Mischung ist mein Geheimrezept, um gut mit Abschieden umzugehen. Gewürzt mit dem Wissen, dass Abschiede wichtig sind, um uns immer weiter zu entwickeln – hin zu dem Menschen, der wir einmal sein wollen.
Wie geht es Ihnen mit Abschieden? Welches ist Ihr Geheimrezept? Schreiben Sie es mir gern in die Kommentare.
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Sag deinen Selbstzweifeln goodbye
Durch das Lesen der Mail und der Geschichte ist mir klargeworden, dass ich in meinem Leben bisher viel zu selten bewusst Abschied genommen habe.
Viele wichtige Dinge wurden von außen beendet, unmöglich gemacht oder ich wurde rausgedrängt. Statt damit abzuschließen, habe ich daran festhalten wollen, das noch nicht Erreichte auf einer „ewigen to do Liste“ teilweise jahrzehntelang mit mir herumgeschleppt. Was zu einem chronisch schlechten Gewissen führte und dem Gefühl, immer wieder versagt zu haben. Auf das statt dessen Erreichte konnte ich nicht stolz sein, ich fühlte mich immer irgendwie getrieben, hatte das Gefühl, das Leben erst genießen zu dürfen, wenn ? erreicht wäre.
Durch einen Zufall habe ich vor einigen Monaten erkannt, dass meine vor mehr als 30 Jahren zwangsweise aufgegebene erste berufliche Laufbahn mir heute gar nicht mehr gefallen würde (Treffen mit den Unikollegen von damals). Dadurch konnte ich einen „Haken dranmachen“, mich endlich von dem verabschieden, was ich nicht erreicht hatte. Seither geht es mir deutlich besser und ich bin motivierter.
Durch Ihre Geschichte ist mir klargeworden, dass ich viel besser mit Vergangenem umgehen kann, wenn ich mich bewusst verabschiedet habe (z.B. auf der Beerdigung von meinem Exmann vor 3 Jahren). Ich werde die aktuell ruhige Zeit nutzen, um weitere „nicht erledigte“ Altlasten bewusst loszulassen.
Vielen Dank für diesen wertvollen Impuls!
Christina K
Hallo Christina,
das freut mich sehr, dass ich Ihnen diesen Impuls geben konnte. Ja, ich finde, wir dürfen loslassen und müssen nicht alle unerledigten Dinge mit uns herumschleppen. Danke für Ihren wunderbaren Kommentar.
Michaela Muthig
P.S: ich habe Ihren Nachnamen sicherheitshalber gekürzt aus Anonymitätsgründen, da der Kommentar ja online zu sehen ist.